Gestern bin ich gefragt worden, ob ich zu der Aktion der Mittelbayerischen Zeitung ein Statement abgeben würde: Menschen, Organisationen und Dinge, die mich im Jahr 2017 besonders beeindruckt haben. Ich finde, das ist ein guter Anlass nachzudenken. Über das, was einem wichtig ist und was an Aktivitäten zukunftsfähig ist.
Zuerst einmal frage ich mich selbst, was für mich, mein Umfeld und die Welt, in der wir handeln von Bedeutung ist und was davon „nachhaltig“ sein kann. Als systemischer Berater weiß ich, dass die eigene Haltung und das daraus resultierende Verhalten Einfluss auf mein Gegenüber und die Welt um mich herum, hat.
Nachhaltiges Handeln
Ausgehend vom 3 Säulen-Modell des Brundtland-Berichts beruht auf den sich bedingenden Faktoren Ökologie, Ökonomie und Sozialer Nachhaltigkeit. Diese Idee, des nicht mehr Verbrauchens an Ressourcen, als regeneriert werden kann, des nicht über die Verhältnisse Lebens und so zu agieren, dass Konflikte auf friedlichem und zivilem Weg ausgetragen werden, ist als Prämisse für den eigenen Wertekontext ein guter Ansatz.
Haltung
Was für ein wunderbarer Begriff aus meiner bayerischen Heimat. Dieses einfache Wort beschreibt eine Art und Weise, wie die Slow Food Begriffe gut, sauber und fair gelebt werden können. Nämlich nicht immer komfortabel, nicht einfach und schnell nebenher, sondern so, dass ich selbst und andere eine Position erkennen und damit umgehen können. Wann immer es also gelingt, diese Haltung auf Grundlage eines beschriebenen nachhaltigen Handelns zeigen zu können, wird es gut werden. Werden Begegnungen und Erlebnisse genussvoll, zugewandt und ehrlich sein. Ein Begriff, der mir normalerweise nicht so schnell über die Lippen geht, ist der der Caritas.
Caritas
Laut Wikipedia aus dem Lateinischen für „Hochachtung, Wertschätzung, Wohltätigkeit, Mildtätigkeit und Liebe – auch christliche Nächstenlieben“. Mit dem christlichen Kontext habe ich es nicht so. Aber es gehört sich einfach, dann zu helfen, dann da zu sein, dann zu retten, wenn jemand diese Hilfe braucht. Darüber gibt es keinerlei Diskussion. Alles, was wir im vergangenen Wahlkampf an Verrohung in Sprache und Mitgefühl erlebt haben, ist mit einem Federstrich wegzuwischen. Weil es der Anstand gebietet, Ertrinkende aus dem Meer zu retten, weil es sich gehört, höflich und offen auf Gäste zuzugehen und diese willkommen zu heißen.
Genuss
Ich war das erste mal vor fünf Jahren auf dem Salone del Gusto in Turin. Der weltweiten Slow Food Messe. So wie jetzt auf dem Internationalen Slow Food Kongress in Chengdu habe ich die schönsten Menschen der Welt dann gesehen, wenn miteinander gelacht und gegessen wurde. Bunt, respektvoll, dankbar, fröhlich, engagiert und mit dem Wissen um die Grundlagen unseres Genusses. Die Art der Kulinarischen und Emotionalen Intelligenz wünsche ich mir. Das sind die Situationen, in denen der Satz gilt: „Wenn du mehr als genug hast, dann baue längere Tische, und keine höheren Zäune.“
Wir werden zukünftig abgeben und teilen müssen. Und das ist gut und richtig so, denn die eurozentrierte Komfortzone, in der wir uns bewegen dürfen beruht natürlich auf der Ausbeutung des globalen Südens. Unsere Art des Konsums verändert die Welt.
Die derzeit laufende Klimakampagne beruht auf der Erkenntnis, dass die Art und Weise wie wir unsere Lebensmittel produzieren, die Welt und das Klima verändert. Bei industrieller Produktion in dramatischem Ausmaß zum Schlechten, bei handwerklicher, kleinteiliger und respektvoller Weise zum Besseren. Wir entscheiden darüber, was wir mit wem gemeinsam Konsumieren und Essen wollen.
Wer oder was hat mich also beeindruckt. Es ist Emad. Wir haben uns kennengelernt bei einer SPD Aktion – „Gesicht zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland“. Emad kommt aus Syrien und ist einer der feinesten Menschen die ich kenne. Fragend, offen, freundlich und engagiert. Wir haben im vergangenen Jahr zusammen gearbeitet, gekocht und nun macht er eine Lehre. Ein Musterbeispiel für gelingende Integration. Aber das ist es nicht, was die Begnung so besonders macht, sondern die Tatsache, dass Emad und andere Flüchtlinge gemeinsam mit uns Menschen an einen Tisch holen und wir gemeinsam über Geschmack, Erinnerungen, Erfahrungen und die Menschen die dahinter stehen sprechen dürfen. Emad und die vielen anderen Gäste in unserer Stadt sind ein Geschenk. Ein Geschenk für unsere langen Tafeln, für unseren Horizont und für unsere Fähigkeit Haltung, Caritas uns Respekt zu zeigen.