Um zu verstehen, welche Küche, welche Gerichte in einer bestimmten Region der Welt gekocht und gegessen werden, muss man den Kulturraum versuchen zu verstehen. Was sind die spezifischen klimatische, agrarhistorischen, religiösen und soziologischen Gegebenheiten in diesem Gebiet? Welche Einflüsse von außen gab es – handelt es sich um ein abgeschlossenes Bergtal, in welches Siedler eingewandert und ihre Sprache mit gebracht und bewahrt haben oder sprechen wir über einen Kulturraum der durch klimatische Veränderungen, Völkerwanderungen oder allein aufgrund seiner geografischen Lage immer wieder mit neuen Kulturen in Berührung kam und inspiriert wurde? So finden wir z.B. auf der Iberischen Halbinsel eine große Anzahl an orientalischen Aromen aufgrund der langen Jahrhunderte islamischer Herrschaft.
Auf der Suche nach biblischen Rezepten, oder eigentlich einer – wie auch immer gearteten regionalen Küche – sollten wir uns also auf die Suche nach dem Alltagsleben der Menschen in einer bestimmten Zeit machen und nicht so sehr auf die Suche nach Bibelzitaten oder sogar biblischen Rezepten. Was in der Bibel zu finden ist, sind Zutaten, weniger Zubereitungsangaben. Der Grund dafür ist, dass die weitgehend einfachen Rezepte selbsterklärend oder überliefert – also sowieso allgemein bekannt sind. (Denkt an Eure Oma, wenn Sie die Zubereitung von Rohrnudeln erklärt „Nimmst a wengerl davon….“)
Gleichzeitig führt die Suche nach dem Originalrezept oft in die Irre, denn eine „original bayerische Küche“ gibt’s auch nicht – Reiberknödel gibt’s erst nach der Einführung der Kartoffel im 17. Jh. – die erste Darstellung eines Knödels dagegen findet man auf Hocheppan in einem Fresko aus dem 11. Jh. Der Bedarf an Energie ist in einer Agrargesellschaft völlig anders. Und wer will heute noch Mehlschwitzen oder auf Basilikum, Rosmarin und Knoblauch verzichten? Schuhbecks Ingwer gab‘s übrigens vor 100 Jahren auch noch nicht im Handel…
Die Idee, eine regionale Küche umzusetzen, muss also auf einem Grundverständnis für die jeweilige Kultur und dem Mut zur Adaption beruhen.