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Die Latenz zwischen den Zeilen

Wir haben vermutlich alle so unsere Trigger. Ich bin eher nicht so der geduldige Typ. Das liegt auch an einer Sache, die ich an mir selber sehr mag – nämlich, dass ich das Geschenk von Kreati­vität und Ideen­reichtum in mir habe. 

Aber wie es halt so ist mit Geschenken, die sucht man sich nicht selbst aus. Und so passiert es mir immer wieder, dass ich zu schnell, zu laut, an unpas­senden Stellen Ideen in die Welt raus blase. Hier darf ich das, ist ja mein Blog. Aber im Umgang mit anders tickenden Menschen kann das schon auch anstrengend sein.

Jetzt gibt es aber Situa­tionen, in denen ich gefragt werde und antworte. Dann habe ich eine Erwar­tungs­haltung. Nämlich die eines im besten Fall anregenden, visio­nären, träume­ri­schen, kreativen Austau­sches. Ein Ping-Pong-Spiel im kommu­ni­ka­tiven Mitein­ander. Und dann.… kommt da manchmal: Nix!

Dann warte ich, hinter­frage noch einmal das Gesagte, versuche einen Subtext und einen Kontext rauszu­finden. Aber ich habe mal den Satz gehört: “Lies nicht zwischen den Zeilen, da steht nix!” Das kann ich mir aber so gar nicht vorstellen und habe lange darüber nach gegrübelt. Denn irgendwas ist immer. Vielleicht verborgen, vielleicht weil man noch nicht hin geschaut hat oder nicht hin schauen wollte. Es schwingt doch mit. 

Warum aber kommt dann nichts oder zumindest nicht das zurück, was ich erwarte? Eine Antwort könnte sein: Latenz

Wikipedia sagt:

Latenz, adj. latent (von latei­nisch latere ‚verborgen sein‘) steht für:

  • die Latenzzeit oder Verzö­ge­rungszeit – also den Zeitraum zwischen einem verbor­genen Ereignis und dem Eintreten einer sicht­baren Reaktion darauf

Beim Streaming nervt Latenz. Man bekommt Bild und Ton nicht zusammen. Mein Hirn erwartet eine Synchro­ni­zität, die nicht zustande kommt. Und auch im mensch­lichen Mitein­ander wünsche und erwarte ich oft eine Synchro­ni­zität, die nicht immer zustande kommt. 

Wenn es an “techni­schen” Gründen liegt – also das große Thema Kommu­ni­kation und deren Hemmnisse. Das Verstehen und Missver­stehen. Das Sender-Empfänger-Thema. Das undeutlich Formu­lieren und schlecht Hören. Dann, ja dann ist es unter anderen Bedin­gungen, mit einem störungs­freiem Raum, genügend Zeit, dem besseren Hinhören und Nachfragen, zu lösen.

Wenn es an inter­kul­tu­rellen Gründen liegt – den verschie­denen Lebens­welten, Erfah­rungen, Einflüssen – ist es unter der Bedingung, dass dieje­nigen, die mitein­ander zu tun haben (wollen), zu lösen.

Wenn es an dem persön­lichen Setting liegt – einfach wie man so tickt – dann muss man sich darüber klar werden, ob zum einen die eigene Erwar­tungs­haltung (bei mir das Bedürfnis nach Geschwin­digkeit und Synchro­ni­zität) und die des Gegen­übers passgenau sind. 

Und so bleibt nach vielem Nachdenken und Nachspüren dann eine recht banale Erkenntnis. Umgebt Euch mit Menschen, die Euch gut tun. Die mit dir im Takt schwingen. Deren Rhythmus auch Pausen zulässt und die das verse­hent­liche Reinplatzen in Pausen wohlwollend und lächelnd honorieren. Ich habe solche Menschen und bin dankbar dafür. 

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