Ich frage mich gerade, warum eigentlich jeder Artikel, jeder Satz, jedes Gespräch mit der aktuellen Pandemie beginnt und endet. Die Antwort ist nicht überkomplex, es ist einfach ein uns alle, bis in die persönlichsten Bereiche hinein beschäftigtendes Metathema.
Vorneweg an alle “Janas aus Kassel”, an die Typen, die früher schon Probleme mit dem Geradeausdenken hatten, an die Leugner und Verweigerer von Solidarität: Ihr werdet hier nicht den Funken von Zustimmung für Empathielosigkeit und Verantwortungslosigkeit finden.
Ich möchte schlichtweg über einen Gedanken, eine Vorgehensweise erzählen, die ich seit über 25 Jahren immer wieder mal als eine Möglichkeit in Betracht ziehe, mit Aufgaben umzugehen. Hier kommt die Geschichte:
Stellt Euch vor, wir planen ein neues Wohngebiet/ für Köche: es könnte auch eine neue Küche sein, oder ein Flughafen, in Berlin zum Beispiel. Also – Aufgabe ist, ein Projekt zu planen, bei dem die Fallhöhe recht hoch ist. Wir gehen davon aus, dass wir mit Profis zusammen arbeiten, die wissen, was sie tun und im besten Fall (schon wieder ist es bei Corona anders), damit auch schon weitergehende Erfahrung, Referenzen haben und – Freunde des fortwährenden Lernen sind.
Also: Wir planen vom Großen zum Kleinen und anders herum, von den ganz persönlichen Bedürfnissen zum Allgemeinwohl. Häuser, deren Anschlüsse mit Strom, Abwasser, Netzzugang und Strassen. Wir planen Grünflächen und Einkaufsmöglichkeiten, Bildungseinrichtungen und Begegnungsstätten, vielleicht Orte des Urban Gardenings und Mehrgenerationenhäuser. Wie tun wir das, indem wir zum einen Zurückgreifen auf die tausende Jahre alte Kompetenzen, indem wir vermuten, was in der Zukunft weiterhin an Bedürfnissen bestehen bleibt und indem wir uns in die Menschen hineinversetzen. Und dann gibt es ja noch Vorgaben, Gesetze und Vorschriften, die in der Regel zum Schutz vor Erlebtem und zu Vermeidendem erlassen wurden.
Was ich sagen will, vieles macht man so, weil es sich als zweckmäßig erwiesen hat. Manches macht man so, weil es nur so geht (Statik – @jana: Wissenschaft bedeutet, dass das was durch vielfachen Beweis offensichtlich richtig ist, auch zu glauben). Und manches kann man so, oder auch anders machen.
Zum Beispiel – die Fußwege planen. Das kann man machen, weil man davon überzeugt ist, dass es so richtig ist. Weil man im besten Wollen für Menschen mitdenkt. Man kann aber auch an dieser Stelle einfach mal nichts tun. Abwarten wo die Trampelpfade nach einem Jahr lang gehen. Wir Deutschen neigen ja eher zum Zaun und dem Schild “Betreten des Rasens verboten”. Aber das tun wir ja vielleicht nur deshalb, weil wir Angst um unseren schönen Plan haben. Weil diese Rowdys, die ihren Weg zur Bushaltestelle abkürzen, uns zeigen, dass wir in diesem einzelnen kleine Punkt falsch gelegen haben.
Warum ärgert es uns so, wenn ein Gedanke, ein Plan so nicht angenommen wird. Ist er damit falsch? Ist es eine Fundamentalkritik an dem gesamten Projekt? Heißt, wenn jemand meine Art und Weise zu würzen oder anzurichten kritisiert, dass er mich als Person oder meine Kompetenz als Koch in Frage stellt? Ich persönliche neige dazu, Dinge persönlich zu nehmen und zwar, weil ich das was ich mache ernst nehme.
Ich plädiere mir selbst und uns allen gegenüber für die Wertschätzung von Trial and Error. Für das kindliche Ausprobieren und die Freude beim Entdecken von Neuem. Für die Nicht-Perfektion. Ich habe das bereits in anderen Beiträgen ausgeführt – Perfektion ist ja für jeden etwas anderes. Ein schön gedeckter Tisch kann plankes Bauholz und eine karierte Tischdecke darauf sein, kann der kleine Campingtisch in der Südsteiermark sein oder eben die hochaufwendig dekorierte Hochzeitstafel.
Ich plädiere für die Offenheit neuen Ideen und anderen Kulturen gegenüber. Pünktlichkeit kann etwas mit Respekt für den Wartenden zu tun haben, kann aber auch dazu führen, dass dein Gegenüber ein wichtiges, soziales Gespräch unterbrechen musste, um den Konventionen zu genügen.
Ich plädiere für Respekt unseren Politikern gegenüber, die in einer völlig neuen Situation versuchen, die Menschen zu schützen.
Ich plädiere für Respekt den Künstlern und Gastronomen gegenüber, die versuchen, neue Wege und Lösungen zu finden und manchmal einfach nur müde sind.
Und – ich plädiere dafür, dass wir aus der aktuellen Situation vor allem eines Lernen. Wir sind viel flexibler, anpassungsfähiger, empathischer als wir das von uns selber gedacht haben und als uns das das web entgegenschreit. Wie immer gilt – umgebt euch mit guten, freundlichen, genussaffinen, offenen Menschen und plant für die Zeit danach.
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