Meine Tochter hat mich diese Woche gefragt, ob die Corona-Pandemie in den Geschichtsbüchern auftauchen wird. Wird Sie! Ökonomisch, sozial, als Beispiel im Biologieunterricht. Aber wie wird über das, in dem wir gerade drin stecken berichtet und erzählt werden?
Was welche Geschichten und Narrative werden bleiben und ich frage mich, ob wir diese beeinflussen können. Ich empfinde das, was gerade im Netz passiert als unglaublich laut. Da wird provoziert und es wird über jedes Stöckchen gesprungen. Holzschnittartig wird verkürzt und diejenigen, die gerne differenziert diskutieren, haben gefühlt schon lange resigniert.
Ich frage mich, ob wir jetzt noch etwas beeinflussen können, die Gestaltungshoheit über die Gegenwart zurückgewinnen könnten. Indem wir nüchtern betrachten, was seit über einem Jahr passiert.
Kriegsrhetorik ist für nüchterne Betrachtungen genauso ungeeignet, wie heroische Geschichten. Aber eines steht fest – es gibt einen unsichtbaren, fiesen kleinen Feind, der tötet. Und es gibt Opfer, aktuell über 3.000.000 Tote, Long-Covid, wahrscheinlich werden wir eine Art von PTBS in allen Altersgruppen erleben, einer Generation ist die Jugend genommen worden, uns allen ein Teil des Urvertrauens. Ökonomisch ist es nicht absehbar, wer die Kriegsgewinnler und die ‑Verlierer sein werden. Global verschärft sich die Ungleichheit, auch sozial ist inzwischen klar, dass diejenigen in prekären Lebensverhältnissen überdurchschnittlich betroffen sind. Es sind auch schon über 533 Mio. Menschen mit der ersten Dosis geimpft worden.
All das können wir nicht schnell ändern oder beeinflussen. Ich frage nochmal, was wird über unseren Umgang mit Covid-19 und die Veränderungen geschrieben werden? Steht dann da, sie haben sich bemüht? Steht da, die Gesellschaft ist daran auseinandergebrochen und die Demagogen haben die Gunst der Stunde genutzt? Steht da, es ist eine neue Art der Achtsamkeit und Vorsicht entstanden?
Es gibt Sie natürlich, die Helden: Die großen und die unendlich vielen kleinen Taten, die PflegerInnen, die Ehrenamtlichen. Die Frauen weltweit, die schon immer die Doppelbelastung von Beruf und Familie oft leise und effizient bewältigt haben. Diejenigen, die ansprechbar und zugewandt bleiben und pragmatisch handeln. Es sind nicht die Lauten, die Bolsonaros und Trumps.
Kann es jetzt noch gelingen, zu zuhören? Weniger Meinung, mehr Interesse zu zeigen? Können wir ein Zeichen vereinbaren, eine Flagge, die man hochheben darf und versorgt wird und eine, die zeigt, dass man gerade die Kraft hat zu versorgen und zuzuhören. Ja, wir dürfen müde sein und uns coachen lassen. Wir dürfen kraftlos sein und das Corona Fatique zulassen.
Wir sollten aufeinander aufpassen und aufmerksam bleiben für den Frühling, die beschränkten Möglichkeiten, die focusierten Momente. Und bitte – sparen wir uns den Zynismus und die Ironie. Es kostet einfach nur Kraft, die wir besser für Solidarität nutzen sollten.
#wirschaffendas!
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