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Vertrauen?

Das Schreiben hier soll mir dabei helfen zu verstehen – Eure Kommentare können noch weiter helfen. Eine Frage treibt mich seit Monaten – eigentlich seit es den Impfstoff für alle verfügbar gibt – um. 

Warum gibt es in der Gruppe derje­nigen, die das Leben holis­tisch betrachten, eine derart verbreitete Abneigung gegen die Schul­me­dizin, bzw. die aktuell verfüg­baren Impfstoffe.

Das ist nun erstmal eine persön­liche Wahrnehmung, deshalb habe ich versucht, diese These zu verifi­zieren. Es gibt zur Frage­stel­lungen einige Zeitungs­ar­tikel über den Zusam­menhang mit Homöo­pathie. Einige Zeitungs­kom­mentare, relativ viel Meinung und wenig Ahnung. Eine Studie hab ich dann doch noch gefunden: https://​viecer​.univie​.ac​.at/​c​o​r​o​n​apanel/

Letzt­endlich gibt es wohl mehrere Beweg­gründe sich freiwillig (oder noch nicht) mit mRNA Impfstoffen nicht impfen lassen zu wollen. Mich inter­es­sieren nicht die “Freien Sachsen” und auch nicht ein in im anato­li­schen “Asyl” hetzender Hirsekasper.

Mich inter­es­siert, warum Menschen in meinem persön­lichen Umfeld, die sich achtsam und freundlich engagieren, warum dieje­nigen, die sich intensiv mit sich selbst und anderen beschäf­tigen, denen körper­liche und seelische Gesundheit wichtig ist, warum genau diese “erwachten” Menschen das gesamt­ge­sell­schaft­liche, solida­rische Konzept einer Impfung ablehnen. Es sind aktive Sport­le­rInnen, Heile­rInnen, Gastro­nom­Innen, Kranken­gym­nas­tInnen, Spürende und in allen anderen Lebens­be­reichen mitfüh­lende, nette Menschen. 

Aus den Veröf­fent­li­chungen kann man histo­rische Erklä­rungen von Beginn der ersten Impfstoffe finden. Es scheint eine große Abneigung gegen Fremd­körper im eigenen Körper zu geben. Was umso erstaun­licher scheint, da Viren ja auch ebensolche sind. Dies führt zur zweiten Annahme – nämlich, dass die Idee der “Selbst­hei­lungs­kräfte” tief verankert und verwurzelt im Denken derje­nigen ist, die eine Abneigung gegen chemisch oder auf Grundlage von Gentechnik entwi­ckelte Medizin haben. 

Nachdem ich mehrfach auf “Schuster bleib bei deinen Leisten” verwiesen haben, gilt das selbst­ver­ständlich auch für mich und ich werde ausschließlich histo­rische, sozio­lo­gische, allen­falls psycho­lo­gische Aspekte streifen. 

Der Pazifist und Hinduist Mahatma Ghandi (dessen Zitat ich auf den Arm tatto­wiert habe) sagte laut Artikel vom Februar 2021 im Standard: “Der Impfstoff ist eine schmutzige Substanz und es wäre närrisch zu erwarten, dass eine Art Schmutz eine andere entfernen kann.” Die Krankheit Pocken verklärte der Inder zu einer Art Stahlbad. Sie seien als “eines der besten Hilfs­mittel der Natur dafür anzusehen, das im Körper angesam­melte Gift loszu­werden und eine normale Gesundheit wieder­her­zu­stellen.” 

Portrait Christoph Hauser Koch Hausers Kochlust Foto: www​.flori​an​ham​merich​.com

Nun ist eine asiatische Weltre­ligion für einen old white men aus Europa kaum zu begreifen und deshalb auch nicht bewerten, aber der eine Aspekt, nämlich den “Mensch als ratio­nales Wesen das Maß aller Dinge” zu sehen und damit in die volle Verant­wortung für sein Handeln, seinen Status und sein Glück zu nehmen, empfinde ich als enorm schwierig. Nicht, weil ich persönlich nicht bereit bin Verant­wortung zu übernehmen, aber weil ich es persönlich erlebt habe, wie gnadenlos (und hier passt der christ­liche Begriff als Gegen­entwurf) es ist, wenn lebens­be­drohlich erkrankten Menschen empfohlen wird, in sich nach Unauf­ge­löstem und Gründen für die Krankheit zu suchen. Diese Hoffnung, nämlich dass es in Ordnung ist, sich Lasten von den Schultern nehmen zu lassen, sich verlassen zu dürfen auf Hilfe und Kompetenz von Menschen, Systemen und Wissen­schaft, letzt­endlich das grund­sätz­liche Vertrauen in Insti­tu­tionen ist sicherlich Voraus­setzung für das Loslassen.

Meine dritte These also lautet: Die Suche nach Erklärung, das Ergründen von Ursache und Wirkung, die Selbst­op­ti­mierung und das Fragen nach dem Warum ist eine Allmachts­phan­tasie, die uns immer wieder ergreift. Nichts davon ist grund­sätzlich schlecht. Ich plädiere in einem Artikel, der um das Verstehen ringt, doch nicht für das Glück des tumben Tors. Ich will es ja selbst wissen und in der Hand haben. Daran arbeiten und bin davon überzeugt, dass Resilienz etwas ist, das nicht zuletzt auf dem Erleben von Selbst­wirk­samkeit beruht. 

Dennoch – Vertrauen in die Kompetenz und die guten Absichten ist der Schlüssel. Ohne dieses Vertrauen zweifeln und verzweifeln wir. Urver­trauen ist die Grundlage für stabile soziale Bezie­hungen. Es beruht auch auf gemein­samen, verläss­lichen Regeln. Wenn ich mich darauf verlassen kann, dass ich mit hoher Wahrschein­lichkeit bei dem Überfahren einer grünen Ampel nicht angefahren werden, dann entstresst mich das. Wenn ich mich grund­sätzlich darauf verlassen kann, dass das Wasser, welches aus der Leitung kommt mich nicht krank macht, die Luft die ich atme mich nicht vergiftet und die Medizin die ich empfohlen bekomme, mich schützt oder gesünder macht, dann kann ich mich auf die anderen, ausrei­chend vorhan­denen Heraus­for­de­rungen des Lebens konzen­trieren. Wenn – aus welchen Brüchen oder Erfah­rungen auch immer – die Grund­festen immer wieder in Zweifel gezogen werden müssen, dann muss ich alles hinterfragen. 

Der Grund für meine Anfangs­frage ist: ich selbst bin davon überzeugt, dass Impfen ein solida­ri­scher Akt ist. Solida­rität und Vertrauen sind der Kit unserer Gesell­schaft. Sich darauf verlassen können, dass wir gemeinsame Werte teilen, dass uns geholfen wird, wenn wir hinfallen, dass mein Gegenüber es gut mit mir meint. Ich möchte diese Utopie weiter­leben und weiter­geben. Ich möchte mich auf meine holis­ti­schen Freunde verlassen können, dass Sie mitmachen bei der Solida­rität. Ich verspreche Euch im Gegenzug, dass Ihr Euch auch auf mich verlassen könnt, dass ich da bin, wenn Hilfe gebraucht wird. 

Lasst uns Vertrauen – und solida­risch sein! 

gezeichnet: Son of a preacherman

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