Urbane Legenden lieben wir alle. Eine davon ist die Geschichte aus Sternerestaurants, in denen angeblich nach dem Probieren vom Nachbarteller die Gäste ein Kärtchen mit dem Hinweis „Bitte beehren Sie uns nicht wieder“ bei der Rechnung beiliegt. Diese Geschichte, so zumindest ist es im Netz http://www.restaurant-ranglisten.de/news-magazin/magazinthemen/beehren-sie-uns-nie-wieder/ zu lesen, lasse sich nicht verifizieren und keine Geschäftspolitik von gehobenen Restaurants.
Lassen Sie uns einen Blick hinter diese Geschichte werfen: Die Kompositionen und die Architektur von Speisen in Restaurants wird, das ist unzweifelhaft, immer komplizierter und ausgefallener. Nicht erst seit die Molekularküche den Gästen vorgibt, in welcher Reihenfolge die einzelnen Komponenten zu genießen seien, um den vollen Effekt und die Idee der Kochkünstler zu erleben.
Das Klagelied der Esser über Preis und Leistung in gehobenen Restaurants steht gleichzeitig mit der Realität des Arbeitsaufwandes in ebendiesen in keinem Verhältnis. So finanzieren sich Sternehäuser über die angeschlossenen Hotels, Investoren oder eben gar nicht.
Was ich gleichzeitig höre, ist der Wunsch nach echtem, simplem Essen zum Draufbeißen. Reduktion in der Gastronomie könnte eben auch heißen, so viel anzubieten, wie die Gäste wollen. Nicht mehr und nicht weniger.
Nur was wollen die Gäste eigentlich? Sicherlich nicht, sich aus seitenlangen Speisekarten für ein Gericht entscheiden müssen. Wer also kann und soll darüber entscheiden, was Gäste essen? Was ist eigentlich die Rolle eines guten Gastgebers?
Gastgeben bedeutet: Gäste einladen und diesen einen schönen Abend zu gestalten. Ambiente und Sauberkeit sind Zeichen des Respektes. Der Einkauf von guten Zutaten und die Zusammenstellung von Rezepten ein Zeichen von Professionalität und Passion. Eine freundliche Begrüßung und Betreuung der Gäste eine Selbstverständlichkeit. Und nicht zuletzt, die Freude über ein Lob und der Umgang mit Fehlern erfordern Normalität und Feingefühl im Umgang mit Menschen.
Das alles sollte normaler Standard sein. Ich bin aber davon überzeugt, dass eine Art der Gastronomie der Zukunft nicht auf dem Teller liegt. Überall dort, wo interessante, spannende Abende stattgefunden haben, lag mein Essen nicht auf dem Teller und ich habe mich nicht für ein Gericht entschieden.
Sondern? Der Gastgeber, egal ob es die Oma oder der Koch ist, entscheiden über das, was es zu Essen gibt. Die Ernte bestimmt, was verkocht werden kann. Man sitzt gemeinsam mit Fremden an einem Tisch. Und das Essen wird nicht auf Tellern, sondern auf Platten serviert.
Wer zahlt, schafft an? Wollen wir das wirklich? Anschaffen, auch noch beim Essen bestimmen, was wir glauben das gerade gut ist? Sagen wir auch bei der Massage, wie geknetet werden soll? Nein, wir sagen, wo es weh tut. Den Rest überlassen wir dann den Profis.
Liebe Esser, liebe Gastronomen: Wie schön wäre es, wenn wir uns auf einen gemeinsamen Weg in eine neue Vertrauenskultur machen würden. Wir Köche versprechen Euch Gästen die Auswahl des Besten, was wir können. Ihr Gäste vertraut unserer Auswahl und sagt uns, was Ihr nicht wollt. Mit allem anderen verwöhnen wir Euch dann.
Stellen Platten auf den Tisch und jeder darf so viel probieren und weglassen, wie er möchte. Das würde mir Spaß machen!